Gebäude Süderstraße

Hamburg Welcome Center Pension für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU

Dieses neue Projekt hat das Ziel, Menschen aus der EU, die ihre Arbeit verlieren und unverschuldet in Wohnungsnot geraten, bei der Suche nach Arbeit zu unterstützen.

Symbol eines Daches, darunter eine grüne Welle

Pension für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU

1. Ziele des Projekts

Dem Auftrag aus dem Hamburger Regierungsprogramm entsprechend startete Anfang April 2023 das Modellprojekt Pension für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU. Es ergänzt dabei die bestehenden Angebote des Hamburg Welcome Center (HWC).

Die meisten erwerbsfähigen Bürgerinnen und Bürger aus dem EU-Ausland sind in unterschiedlichen Positionen und Branchen seit vielen Jahren in Hamburg tätig und stützen den hiesigen Arbeitsmarkt (Stand 11.22: 67.714 Beschäftigte in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer ausschließlichen Staatsangehörigkeit der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union). Das Modellprojekt richtet sich an diejenigen, die sich in besonderen, nicht vorhersehbaren Ausnahmesituationen befinden und bei denen trotz hoher Arbeitsmarktnähe und Motivation die eigene Sicherung des Lebensunterhaltes aus besonderen Gründen nicht bzw. nicht mehr gelingt. Gründe können z.B. ein nicht voraussehbares prekäres Arbeitsverhältnis (keine oder zu wenig Lohnzahlung, unberechtigte Kündigung etc.) oder aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen nicht zustande gekommenes Arbeitsverhältnis sein.

Ziel der Arbeitnehmerpension und der damit verbundenen obligatorischen arbeitsmarktlichen Beratung und Begleitung durch das HWC ist es, diese Menschen in einem zeitlich klar eingegrenzten Rahmen dabei zu unterstützen, eine lebensunterhaltsichernde Beschäftigung ausüben zu können. Das Projekt bietet schnelle Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche und macht gleichzeitig ein vorübergehendes Wohnangebot. Dadurch wird Obdachlosigkeit vorgebeugt und eine zügige Rückkehr in Beschäftigung ermöglicht. Die beiden Standorte der Pension mit unterjährig insgesamt 22 Plätzen befinden sich in Räumlichkeiten von Midtown Boardinghouse e.K.am Martin-Luther-King-Platz und an der Hoheluftchaussee in Hamburg-Eimsbüttel.

Das Projekt ist ein freiwilliges Unterstützungsangebot der Stadt Hamburg, es beruht nicht auf einem gesetzlichen Anspruch und ist keine Maßnahme im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Insofern erhalten die Teilnehmenden neben der kostenlosen Wohnmöglichkeit auch keine weiteren Mittel zu Sicherung des Lebensunterhalts, sondern es wird davon ausgegangen, dass diese auch über gewisse eigene Mittel zur Überbrückung der Zeit der Arbeitslosigkeit verfügen. Die Teilnahme an dem Projekt ist für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenfalls freiwillig.

Um ein realistisches Bild zur Wirksamkeit des Projektes zu bekommen, wird eine Laufzeit von drei Jahren bestimmt.

Mit dem Projekt wird damit auch der potentialorientierte WinWin-Ansatz verfolgt, diese Menschen für den Hamburger Arbeitsmarkt mit seinem großen Beschäftigtenbedarf insbesondere in jenen Branchen, in denen ein besonders hoher Arbeits- und Fachkräftemangel herrscht, zu aktivieren bzw. zu halten. Flankiert werden soll dies durch eine intensivierte Aufklärung über die Chancen und Bedingungen des Hamburger Arbeitsmarktes über die Online-Präsenz des HWC für Personen, die sich noch in den Herkunftsländern befinden. Diese können sich auch auf dem Informationsportal von der Gleichbehandlungsstelle EU-Arbeitnehmer in elf Sprachen über die Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitnehmerrechte usw. informieren.

2. Wer kann am Projekt teilnehmen?

Das Projekt richtet sich an zugewanderte erwerbsfähige und freizügigkeitsberechtigte EU-Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer, die

  1. ihre Arbeitsstelle in Hamburg unfreiwillig unverschuldet verloren haben, unmittelbar zu verlieren drohen, sich in einem prekären Arbeitsverhältnis befinden oder in Hamburg ein Beschäftigungsangebot haben und dieses aufgrund von Wohnungslosigkeit nicht ausüben können, und
  2. obdachlos oder von Obdachlosigkeit unmittelbar bedroht sind oder in prekären Wohnverhältnissen (z.B. wenn die Wohnung unverhältnismäßig teuer, unhygienisch oder an ein prekäres oder arbeitsrechtlich problematisches Arbeitsverhältnis geknüpft ist) oder in einer Übernachtungsunterkunft von fördern & wohnen AöR oder der freien Wohlfahrtspflege leben, und
  3. arbeitsmarktnah sind, d.h. sie erfüllen folgende Voraussetzungen:
  • lateinische Alphabetisierung und
  • hinreichende Deutschkenntnisse (die Verständigung mit einfachen Sätzen muss möglich sein) oder gute Englischkenntnisse und
  • Schulabschluss oder mind. 8jähriger Schulbesuch und
  • beruflicher oder akademischer Abschluss oder 2jährige Berufserfahrung in einer Branche mit  hohem Arbeitskräftebedarf und
  • starke Eigenmotivation und keine persönlichen Hemmnisse.

Wenn nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Einzelfall eine Aufnahme möglich, wenn eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt unter den Bedingungen guter (d.h. nicht prekärer) Arbeit wahrscheinlich erscheint oder schon ein entsprechendes Beschäftigungsangebote vorliegt. Die genannten Kriterien für die Projektteilnahme sollen eine realistische Arbeitsvermittlung innerhalb des für die Unterbringung vorgesehenen Zeitrahmens von sechs bis max. zwölf Wochen ermöglichen.

Im Rahmen des Projekts wurde der Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit des Trägers Arbeit und Leben Hamburg e.V. im HWC eine zentrale, individuell beratende und koordinierende Rolle übertragen. Potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für das Projekt, das auch an von Ankunftsobdachlosigkeit bedrohte Menschen aus der EU adressiert ist, werden aus der Beratungsklientel der Servicestelle bzw. des HWC rekrutiert. Sie können aber auch von Unterkünften, Übernachtungsstellen oder Tagesaufenthaltsstätten von f & w oder Wohlfahrtsverbänden etc. sowie z.B. den bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle vorgeschlagen werden. Diesen und weiteren Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wurde dafür eine entsprechende kurze Handreichung zur Verfügung gestellt.

Die Auswahl der Personen erfolgt anhand der Bewertung ihrer Arbeitsmarktnähe anhand der oben genannten Kriterien durch die Servicestelle in enger Abstimmung mit dem Labour Market Service (LMS) des HWC aufgrund plausibler Angaben der Kunden, die im weiteren Verlauf der Betreuung verifiziert werden und auch nach Einsteuerung über eine weitere Projektteilnahme entscheiden. Die Beratung ist grundsätzlich immer auch auf Englisch möglich; neben der Beratung z.B. auf Polnisch steht außerdem ein telefonischer Dolmetscherdienst für die jeweils erforderliche Sprache zur Verfügung.

Mit Blick auf mögliche Anerkennungsverfahren werden auch alle sonstigen Qualifikationen und Kenntnisse erfragt und dokumentiert.

Das Unterstützungsmanagement für die jeweilige Person im Rahmen des Projekts verläuft dabei über einen Zeitraum von grundsätzlich sechs, max. zwölf Wochen mit dem Ziel der eigenen lebensunterhaltssichernden Integration in den Hamburger Arbeitsmarkt wie folgt:

3. Was bietet das Projekt?

Die Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit führt ein Beratungsgespräch durch, in dem auch die Arbeitsmarktnähe nach den o.g. Kriterien bewertet wird. Sofern dort in einem Erstgespräch die vermutete Arbeitsmarktnähe nicht bestätigt werden kann, wird dem bzw. der Betroffenen geraten, sich an eine Stelle zur Rückkehrberatung oder weitere Sozialberatungsstellen zu wenden.

Ist der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin tatsächlich arbeitsmarktnah und zur weiteren Teilnahme bereit und motiviert, vereinbart die Servicestelle einen verbindlichen Perspektivplan zu Arbeitsmarktintegration und Unterbringung mit ausdrücklicher Mitwirkungspflicht der Betroffenen.

Dieser Plan umfasst für zunächst max. sechs Wochen:

  • Einschaltung des LMS im HWC und ggfls. der Arbeitsverwaltung (Agentur für Arbeit/ Jobcenter t.a.h)
  • die befristete kostenlose Pensionsunterbringung sowie
  • verbindliche Rücksprachetermine mit der Servicestelle Die eigentliche arbeitsmarktliche Betreuung übernimmt der LMS (ggfls. in Abstimmung mit der Arbeitsverwaltung), der sich analog zu den eingeübten HWC-Prozessen und in enger Rückkoppelung mit der Servicestelle um eine zügige Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bemüht. Dabei nutzt der LMS seine bereits etablierten Kontakte zu Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, spricht aber auch gezielt neue Unternehmenspartner an. Die Servicestelle wiederum informiert – ihrem Arbeitsauftrag entsprechend – die Kundinnen und Kunden über ihre Arbeitnehmerrechte und überprüft, sofern von den Betroffenen gewünscht, auch Vertragsunterlagen vor deren Unterzeichnung, um missbräuchliche Arbeitsbedingungen zu verhindern.

Bei der Vermittlung nimmt der LMS insbesondere Branchen mit aktuell hohem Arbeitskräftebedarf in den Blick und achtet gleichzeitig auf die jeweils mitzubringenden Voraussetzungen (z.B. Gastronomie, Lagerei). Die Betreuung kann auch nach Beschäftigungsaufnahme weitergeführt werden, wenn z.B. perspektivisch noch eine andere, qualifiziertere Tätigkeit angestrebt wird, aber eine Integration in diese in der Kürze der Zeit nicht erreichbar war. Gleichzeitig kann der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin auch die übrigen Beratungsangebote des HWC etwa zu ausländerrechtlichen Fragestellungen oder zum Leben in Hamburg (Sozialversicherung, Deutschlernen usw.) nutzen.

Nach spätestens vier Wochen erfolgt eine gemeinsame Bestandsaufnahme zur Prognose der weiteren Integration und Planung der konkreten nächsten Schritte (Maßnahme, Bewerbungstraining, Spracherwerb, Anerkennung).

Die Entscheidung über eine weitere Projektteilnahme hängt von der Prognose zur Zielerreichung ab und treffen die Betreuungskräfte im HWC.

Sollte nach sechs Wochen die Vermittlung zwar noch nicht erfolgt, aber in naher Zukunft realistisch sein, können die Betreuung durch den LMS und die Pensionsunterbringung bei positiver Prognose, insbesondere bei deutlich sichtbarer eigenmotivierter Mitwirkung der betreuten Person, um weitere max. sechs Wochen verlängert werden.

Ist die Vermittlung in Beschäftigung erfolgreich, wird die Pensionsunterbringung zügig beendet.

Bei weiter bestehendem Unterkunftsbedarf (z.B. weil noch keine eigene Wohnung gefunden wurde) wird in Kooperation mit Beratungsstellen in das weitere bestehende soziale Hilfesystem für wohnungslose Menschen in Hamburg zur Sicherung von Wohnmöglichkeiten eingesteuert.

Sollte nach max. zwölf Wochen keine Arbeitsmarktintegration erfolgt sein, muss die betroffene Person die Arbeitnehmerpension verlassen. Auch in diesem Fall wird dann die Rückkehrberatung empfohlen.